Seit November 2020 können Lebensmittelhersteller hierzulande den Nutri-Score („Ernährungsampel“) auf ihre Verpackungen drucken. Forscher der Universität Göttingen belegen jetzt: Das Produktlabel wirkt.
Es ist sattsam bekannt, dass die Hersteller ungesunder Nahrungsmittel viel tun, um die wahre ernährungsphysiologische Qualität ihrer Waren zu verschleiern. „Ohne zusätzlichen Zucker“ oder „zuckerreduziert“ oder ähnlich prangt es gern auf den Verpackungen. Was davon zu halten ist, offenbaren erst die konkreten Inhaltsstoffe. Doch auch die sind ohne besondere Kenntnisse nicht immer aufschlussreich, denn Zucker beispielsweise kann auch als Isoglucose, Fructose, Agavendicksaft, Xylit, Saccharose, Polydextrose oder Malzsirup erscheinen – neben zahlreichen weiteren Begriffen.
Eine klare, wenngleich bisweilen stark vergröbernde Orientierung bietet der Nutri-Score, der mit einem Farbsystem in fünf Stufen von Grün nach Rot die Qualität eines Lebensmittels angeben soll. Verbraucher sollen damit auf einen Blick versteckte Zucker- oder auch Fettbomben erkennen können. In Deutschland ist die Angabe seit November 2020 zulässig, wenngleich nicht vorgeschrieben. Doch hat sie überhaupt einen nennenswerten Effekt?
Nutri-Score kann irreführende Werbung entlarven
Das Team vom Lehrstuhl „Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte“ an der Universität Göttingen bejaht diese Frage. Die Grundlage dafür liefert eine Studie, bei der den Teilnehmern online drei Produktverpackungen (für Fertig-Cappuccino, ein Hafer-Getränk und Schoko-Müsli) gezeigt wurden. Diese waren unterschiedlich mit den handelsüblichen Hinweisen auf Zuckerreduktion und zum Teil zusätzlich mit dem Nutri-Score bedruckt. Wie sich zeigte, wurden die zuckerreichen Artikel als wesentlich gesünder wahrgenommen, wenn der Nutri-Score fehlte. Nur mit der „Ernährungsampel“ erhielten die zuckerreichen Produkte eine angemessene Bewertung durch die Probanden.
Die Studienautoren sprechen sich auf Basis dieser Befunde dafür aus, irreführende Hinweise auf eine Zuckerreduktion zu verbieten. Da damit in näherer Zukunft nicht zu rechnen ist, tun die Konsumenten gut daran, einen vorhandenen Nutri-Score auch in die Kaufentscheidungen einfließen zu lassen. „Eine zuckerreiche Ernährung schadet dem gesamten Organismus, und auch die Zahngesundheit leidet darunter, denn Zucker begünstigt die Entstehung von Karies und Parodontitis“, betont der in Berlin-Wilmersdorf praktizierende Zahnarzt Dr. Olaf H. Körner, „daher sollte man ein Auge auf den Zuckergehalt dessen haben, was man isst und trinkt.“