Die Lage des Nervenkanals im Unterkiefer muss vor einer Implantation genau bekannt und markiert sein. Künstliche Intelligenz kann diese Aufgabe übernehmen, wie finnische Forscher nun belegt haben.
Zu den für die Patienten „unsichtbaren“ Prozessschritten im Rahmen einer Zahnimplantation gehört das exakte Einzeichnen des Nervenkanals auf Röntgenbildern, sofern das Implantat in den Unterkiefer eingesetzt werden soll. „Die Nerven dienen der Steuerung von Gesichtssinnen und Motorik im Kiefer. Eine Schädigung kann daher schwerwiegende Folgen haben. Um diese auszuschließen, wird die genaue Lage des Nervenkanals bei der Positionierung und Dimensionierung des Implantats berücksichtigt“, erklärt der in Berlin-Wilmersdorf praktizierende Zahnarzt und Implantologe Dr. Olaf H. Körner.
Diese Markierung erfolgt händisch, woraus zweierlei folgt: Zum einen ist sie sehr zeitaufwendig, zum anderen können grundsätzlich allen Menschen Fehler unterlaufen. Beide Punkte adressiert nun eine Neuentwicklung aus Finnland: eine künstliche Intelligenz (KI), die wesentlich schneller und zuverlässiger den Nervenkanal lokalisieren kann als ein Zahnarzt.
Training mit Kegelstrahl-CT-Daten
Verantwortlich für das KI-Modell ist eine Allianz aus der Uniklinik Tampere, dem Finnischen Zentrum für künstliche Intelligenz (FCAI) und dem Unternehmen Planmeca. Wie die Tüftler im Fachmagazin „Scientific Records“ mitteilen, wurde die KI mit klinischen Daten instruiert, die aus Kegelstrahl-Computertomografie-Bildern bestehen. Dadurch soll sie mit hoher Zuverlässigkeit den Unterkiefer-Nervenkanal in 3D-Röntgenbildern erkennen können. Bei der Entscheidungsfindung und Behandlungsplanung kann sie damit wertvolle Dienste leisten.
Davon, als Laie KI-Anwendungen wie ChatGPT für medizinische Ratschläge zu nutzen, raten Fachleute übrigens dringend ab. Denn die Informationen, mit denen die KI gefüttert wird, stammen in der Regel aus dem gesamten Internet. Eine Qualitätsprüfung findet nicht statt, weshalb auch ominöse Quellen Eingang finden. Da zumindest ChatGPT keine Quellenangaben macht, ist das für die Nutzer schwierig einzuordnen. Mehr als eine medizinische Suchmaschine sollte man daher bis auf Weiteres nicht in den öffentlich verfügbaren KI-Anwendungen sehen – und für individuelle Auskünfte auf ärztliche Kompetenz zurückgreifen.