Vor allem Frauen können treffsicherer schmecken, wenn ihre Weisheitszähne entfernt wurden, wie US-Wissenschaftler bei einem Test mit 1.200 Probanden herausfanden.
Es ist eine zahnmedizinische Nachricht aus der Rubrik „Kuriosa“: Bis zu 20 Jahre nach der Entfernung von Weisheitszähnen lässt sich ein signifikanter, wenn auch nicht starker Effekt dieses Eingriffs auf das Geschmacksvermögen feststellen, und zwar im Positiven. Bis zu zehn Prozent genauer können Menschen ohne Weisheitszähne zwischen den Geschmacksrichtungen sauer, süß, salzig und bitter unterscheiden als vergleichbare Zeitgenossen, die ihre „Dritten Molaren“ noch im Kiefer tragen. Diese Langzeitwirkung tritt bei Männern weniger ausgeprägt auf als bei Frauen.
Der erstaunliche Befund entstammt einer US-amerikanischen Studie, in deren Zuge rund 1.200 Teilnehmer ihr Geschmacksvermögen mit dem Abschmecken von fünf Lösungen auf die Probe stellen ließen. Circa 900 der Probanden hatten keine Weisheitszähne mehr. Das Forscherteam um Richard L. Doty von der Medizinischen Fakultät der University of Pennsylvania wollte herausfinden, ob negative Effekte auf das Geschmacksempfinden, auf die frühere Studien hingewiesen hatten, sich mit der Zeit auflösen würden. Umso überraschter waren die Wissenschaftler, als sich eine gegenteilige Langzeitwirkung offenbarte.
Was auf den ersten Blick nicht nach praxisrelevanten Erkenntnissen aussieht, könnte am Ende doch in eine Verbesserung der Behandlungsverfahren münden. In diesem Teilbereich der Dentalforschung geht es darum, besser zu verstehen, auf welche Weise eine Weisheitszahnentfernung Einfluss auf die Geschmacksnerven nimmt.
Die Gretchenfrage: Weisheitszähne entfernen oder nicht?
Für die seit eh und je umstrittene Frage, ob Weisheitszähne herausgenommen werden oder doch lieber im Kiefer verbleiben sollten, spielt das Geschmacksempfinden jedenfalls einstweilen keine Rolle. Ausschlaggebend sind medizinische Indikationen wie Beschwerden oder Verschiebungen, die prophylaktische Entfernung gilt nicht mehr als empfehlenswert, denn: „Jeder operative Eingriff ist mit einem Komplikationsrisiko verbunden und sollte daher gut begründet sein. Nicht zuletzt bringt eine Weisheitszahnentfernung auch Unannehmlichkeiten für die Patienten mit sich. Deshalb gilt: Ohne deutliche Indikation kein Eingriff“, betont der in Berlin-Wilmersdorf praktizierende Zahnarzt Dr. Olaf H. Körner.
Wenn eine Entfernung denn sein muss, können die Patienten sich immerhin nun mit dem Gedanken trösten, in Zukunft womöglich besser schmecken zu können.