Auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Implantologie hin wurde kürzlich die erste S3-Leitlinie zu Materialunverträglichkeiten bei Zahnimplantaten und Suprakonstruktionen veröffentlicht.
Für zahlreiche Krankheitsbilder gibt es mittlerweile Leitlinien, die Ärzte und Patienten bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Nicht alle sind gleichermaßen zuverlässig. Als Goldstandard gelten sogenannte S3-Leitlinien: Für sie sammelt eine repräsentativ besetzte Kommission systematisch das relevante, evidenzbasierte Wissen zu einer Fragestellung und wertet es aus. Nach einem bestimmten Verfahren werden darauf aufbauend einheitliche Empfehlungen erarbeitet. Dieses Prozedere ist gemeinhin sehr zeitaufwendig, bürgt aber auch für wissenschaftliche Akkuratesse.
So auch bei einer neuen S3-Leitlinie, die auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie (DGI) erstellt und kürzlich vorgestellt wurde. Sie widmet sich einem Thema, das im Zuge der Zahnimplantologie immer wieder relevant wird: der Materialunverträglichkeit.
„Moderne Zahnimplantate sind in der Regel aus Titan, einem Material, das als sehr gut körperverträglich gilt und höchst selten zu unerwünschten Reaktionen führt“, erläutert der in Berlin-Wilmersdorf praktizierende Zahnarzt und Implantologe Dr. Olaf H. Körner. Gleichwohl sind Entzündungsreaktionen möglich, deren Ursache gegebenenfalls beseitigt werden sollte.
Kausalbeziehungen sind schwierig zu belegen
Die Herausforderung liegt darin, bestimmte Symptome auf bestimmte Materialien zurückführen zu können. So gibt es für eine Titan- oder auch Keramikunverträglichkeit keine einschlägigen Symptome, vielmehr kann sie sich etwa in Schlafstörungen äußern, in Einheilungsproblemen oder in einem deutlich verlangsamten Einwachsen des Implantats („Osseointegration“).
Herkömmliche Allergietests sollten zur Ursachensuche nicht eingesetzt werden, da sie in der Regel nicht anschlagen. Zweifelsfrei diagnostizieren lässt sich lediglich die Entzündungsreaktion, nicht aber deren Auslöser. Daher raten die Fachleute in der neuen Leitlinie dazu, ein problembehaftetes Implantat erst als letzte Maßnahme zu entfernen. Zuvor sollte eine Periimplantitis-Therapie durchgeführt und gegebenenfalls auch der Zahnersatz, also die Suprakonstruktion, zeitweilig entfernt werden, um dessen Material als Entzündungsursache ausschließen zu können. Die Wissenschaftler weisen darauf hin, dass es nicht im Vorwege einer Zahnimplantation möglich ist, eine eventuelle Titan- und Keramikunverträglichkeit sicher festzustellen.